Rückblick

Ingenieure sind gefragt - Interview mit Horst Peters, Vorsitzender der IfKom

Ingenieure sind gefragt - Interview mit Horst Peters, Vorsitzender der IfKom

20.11.2001

General Anzeiger, Bonn (28./29. April 2001)
Stellenmarkt, Schwerpunktthema: IT-Berufe

Die Ingenieure für Kommunikation (IfKom) wirken, seit 1999 unter diesem Namen, als Berufsverband für rund 12.000 Fach- und Führungskräfte der deutschen Kommunikationswirtschaft. Zu den Perspektiven ihres Berufsstandes wurde der IfKom-Bundesvorsitzende, Dipl.-Ingenieur Horst Peters, befragt von Michael Peter Steffen.

GA: Ständig beklagen Firmen der Informationstechnik und Telekommunikation (IT), es gäbe kein Personal für sie. Immer öfter aber ist auch zu hören, dass Firmen und Fachleute nicht zusammenkommen, weil zuviel gefordert, aber zuwenig geboten wird. Ist der IT-Mangel echt oder eher eine Frage des Gehalts?

Peters: Laut dem Unternehmensverband BITKOM fehlen in diesem Jahr 700.000 bis 750.000 Fachkräfte in der Kommunikationstechnik. Dem gegenüber stehen nur 30.000 Absolventen in den relevanten Studiengängen sowie derzeit rund 50.000 arbeitslose Ingenieure, die natürlich nur zum Teil Kommunikationsingenieure sind. Da herrscht eine klare Kluft, die maßgeblich nicht auf einer Schere zwischen hohen Gehaltsansprüchen und niedrigem Know-how-Standard beruhen kann.

GA: Woran liegt dieser Mangel?

Peters: Das Problem ist, dass wir in einer sehr schnell sich entwickelnden Branche arbeiten. Noch 1996 sprach man von einer Arbeitslosigkeit in den Ingenieurstudiengängen. Das wirkt sich natürlich noch vier bis sechs Jahre später auf den Arbeitsmarkt aus. Eine Ursache des heutigen Problems sind also unsere langwierigen Bildungsgänge.

GA: Die IfKom basieren auf der früheren Interessenvertretung von Fernmeldern und Nachrichtentechnikern. Wie sieht es in Ihrem Branchensegment aus?

Peters: Vor einigen Jahren waren fast alle deutschen Telekommunikations-Ingenieure bei der deutschen Telekom beschäftigt. Von ihnen arbeiten nun viele fähige junge Kräfte bei anderen Unternehmen, die mit guten Konditionen und dynamischer Entwicklung locken. Nun sollen auch die Älteren, weil die Telekom Stellen abbauen muss, freigesetzt werden. Wenn das im vorzeitigen Ruhestand endet, wäre das schlimm für die deutsche Industrie. Denn die alten Fachleute haben nämlich sehr viel Know-how, das lediglich durch eine marktgerechte Fortbildung zu ergänzen wäre.

GA: Was bedeutet für Sie dabei marktgerecht?

Peters: Automatisch, schnell und preiswürdig. Fachkräfte in unserer Branche müssen wegen ihrer rasanten Innovationszyklen automatisch weitergebildet werden, dafür setzen sich die IfKom ein. Daher veranstalten und vermitteln wir auch selbst Seminare. Auch unseren Innovationstag auf der CeBIT haben wir umgestaltet, vom Expertentreff für wenige zu einem Panorama der gesamten Branchenzukunft. Das Angebot auf dem kommerziellen Weiterbildungsmarkt ist oft zu teuer und in seiner Unterschiedlichkeit kaum überschaubar. Sich da zurecht zu finden, kostet zu viel Geld und zu viel Zeit. Und das hält viele Unternehmen, die eigentlich Weiterbildung fördern wollen, davon ab.

GA: Immerhin gibt es einen großen, potenten Weiterbildungsmarkt mit vielen Angeboten für IT-Fachleute...

Peters: Ich sehe da zu oft nur die Überschriften. Aber objektiv sichere Inhalte und Qualitäten gehören auch dazu. Es müsste statt der vielen Insellösungen einen Gesamtplan zur Weiterbildung in unserer Branche geben, der stets erneuert wird. In einem klaren Orientierungsrahmen können mit Sicherheit auch manche zurzeit Arbeitslose sich für zukünftige Aufgaben qualifizieren.

GA: Die IfKom sprechen immer wieder von Kommunikationsingenieuren. Dahinter verbergen sich ausgebildete Informatiker, Elektrotechniker und Nachrichtentechniker. Sollten sie alle in einem vereinten Studiengang ausgebildet werden?

Peters: Nein. Obwohl die fortschreitende Vernetzung in unserer Industrie dies eigentlich erfordert, wäre jetzt eine große Reform der Studiengänge viel zu aufwändig. Dagegen halten die IfKom es gerade im internationalen Vergleich zuerst für nötig, die Studienzeit zu verkürzen. Also bitte weiniger Spezialwissen lehren. Ich selbst zum Beispiel habe von meinen anstudierten Fachkenntnissen nur ein Bruchteil im Beruf nutzen können.

GA: Die Alternative wäre ein schnelles Grundlagenstudium, und dann fix zum learning on the job?

Peters: Jedes Fach sollte ein breitbandiges Basiswissen vermitteln, allerdings auch von den Nachbarfächern: Informatiker müssen etwas von Nachrichtentechnik verstehen und umgekehrt ebenso. Dazu gehört außerdem die Einstimmung auf ein lebenslanges Lernen sowie - zumindest in Grundlagen - "weiche" Techniken, über die der moderne Ingenieur in der Kommunikationsbranche immer mehr verfügen muss: Flexibilität, eine große Allgemeinbildung und Sozialkompetenz von Rhetorik bis zur Teamfähigkeit, schließlich noch Projektmanagement.

GA: Ingenieure müssen demnach in vielerlei Hinsicht Experten für Wissenvernetzung sein?

Peters: Immer mehr. Früher gab es Spezialisten für EDV, Telekommunikation, Sicherheitstechnik und Übertragungstechnik, die sogar in einer gemeinsamen Firma kaum miteinander sprachen. Heute wächst das alles technisch zusammen, ebenso müssen die Experten sich gemeinsam vernetzen.

GA: Das sind hohe Anforderungen. Was macht den Kommunikationsingenieur denn attraktiv?

Peters: Im Gehalt nimmt die Kommunikationsbranche stetig zu. Wir werden immer mehr zu Besserverdienern, und das in einem dynamischen Beruf mit klarer, sicherer Zukunft. Denn wir Ingenieure ermöglichen erst die Kommunikationgesellschaft von morgen.

GA: Wie fanden Sie selbst zum Beruf?

Peters: Erster Auslöser war ein fasziniernder Physikunterricht mit tollen Experimenten, und sei es die selbst gebastelte kleine Rakete. Wer so etwas erlebt hat, kennt das Prinzip und fängt an, sich für Details und neue Errungenschaften zu begeistern.

GA: Wäre auf ähnliche Art der Ingenieur-Nachwuchs an den Schulen zu sichern?

Peters: Schulen sollen vor allem eine breite Allgemeinbildung sowie Perspektiven der Welt von morgen vermitteln. Das heißt für die Kommunikationstechnik: Nicht Bits und Bytes lehren, sondern zukünftige Anwendungen vorstellen. Internet an den Schulen soll kein technisches Grundstudium sein, sondern die Faszination der Medien und Techniken aufzeigen. Wenn dazu noch das spannende Berufsbild des Ingenieurs vorgestellt würde, wären wir glücklich. Die IfKom gehen dafür selbst in Schulen. Aber nicht nur das. Wir versuchen überall zu zeigen, wie wichtig und interessant der Beruf des Ingenieurs ist.

Nähere Auskünfte geben die
Ifkom - Ingenieure für Kommunikation e. V.
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Tel. 0228 / 98358-0, Fax 0228 / 98358-74

 

Horst Peters, Jahrgang 1965, studierte Elektrotechnik (Fachrichtung Nachrichtentechnik) mit Abschluss als Diplom-Ingenieur an der FH Düsseldorf, wurde dann Planungsingenieur einer Telefonbaufirma. Später war er bei Philips für Entwicklung und Vertrieb von Local Area Networks zuständig, danach Vertriebsbeauftragter im System-/Branchengeschäft der Telenorma GmbH. 1994 wechselte er als Consultingingenieur für komplexe Kommunikationslösungen zur HMP Teleconsult GmbH, heute eine AG, in deren Aufsichtsrat er auch sitzt. Seit September 1999 ist Horst Peters Bundesvorsitzender der Ingenieure für Kommunikation e.V.

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